Leserbrief zu Birte Mensing: "Gemeinsam gegen Antisemitismus", SZ München Teil, 9./10.6.2018, Seite R 3

Sehr geehrte Redaktion Leserbriefe,

Es war eine großartige Geste, als sich der dänische König während
der deutschen Besatzung aus Solidarität mit den Juden den gelben
Davidstern an den Mantel heftete. Dafür ehrte ihn der amerikanische
Komponist Morton Feldman mit seinem Stück "King of Denmark". Es wäre
auch eine überfällige Geste, wenn Deutschland den 8. Mai als
Gedenktag zur Befreiung von der Naziherrschaft feiern würde, wie
seine europäischen Nachbarn. Wenn aber der Münchner
Oberbürgermeister Dieter Reiter und andere die Kippa aufsetzen, um
auf dem Jakobsplatz gegen Judenhass und Israelkritik zu
demonstrieren, ist dies eine unlautere Verquickung. Die
Gleichsetzung von Juden und Israel gefährdet hier lebende Juden. So
werden sie, ob sie wollen oder nicht, in Zwangshaft genommen, für
eine rassistische israelische Politik, für die sie keine Schuld und
Verantwortung haben und die sie häufig verurteilen.

Der Antisemitismus den Israel selbst seit Wochen im Gazastreifen
gegen seine palästinensischen Brüder praktiziert, forderte Dutzende
Tote und Tausende Verletzte. 70 Prozent der Palästinenser im
Gazastreifen sind Flüchtlinge, die im Zuge der israelischen
Staatsgründung 1948 vertrieben, enteignet, entrechtet und
ausgebürgert wurden. Ähnlich war es der schwarzen Bevölkerung im
ehemaligen Apartheid Südafrika ergangen. Sie wurden in Townships und
Homelands gepfercht und wenn sie aufmuckten als "Terroristen"
erschossen. Mit dem "Marsch der Rückkehr" demonstrierten die
Palästinenser im Gazastreifen für ihre Freiheit und Rechte. Wie
Rohinyas und andere Flüchtlinge haben sie ein Recht auf Rückkehr in
ihre Heimat. Um gleichberechtigt in Israel mit ihren jüdischen
Nachbarn zu leben. Wer glaubhaft gegen Antisemitismus demonstrieren
will, sollte also Kippa und Kufiya tragen.

Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Matthes
Glötzleweg 43
81477 München
Tel.: 089-791.8513