Leugnen und lernen. Panafrikanismus in München als Kongreß

Tageszeitung junge Welt

Leugnen und lernen. Panafrikanismus in München als Kongreß
junge Welt 26.10.2013 / Feuilleton / Seite 13
Von Sabine Matthes. URL: www.jungewelt.de/2013/10-26/011.php 

Am vergangenen Wochenende fand in München der 4. Panafrikanismus-Kongreß statt. Er stand unter dem Motto »Lernen aus der Vergangenheit«. Parlamentarische Vertreter aus Namibia mahnten, Deutschland solle seiner Verantwortung für den Völkermord in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika nachkommen. Etwa 80 Prozent der Herero und 60 Prozent der Nama hatten 1904–1907 unter dem Befehl des Generalleutnants Lothar von Trotha ihr Leben verloren. Während Deutschland eine offizielle Entschuldigung bis heute verweigert, um keine Reparationen zahlen zu müssen, wird in Namibia diese Leugnung als Verlängerung des Genozids betrachtet und gefragt, warum man nicht gleichberechtigt mit den Überlebenden des Holocaust entschädigt wird.

Über den Zusammenhang von Kolonialismus und Sklaverei sprach der Senegalese Eloi Coly, der auf Goree Island, einer kleinen Insel vor Dakar, das »Maison des Esclaves de Goree« (Haus der Sklaven) leitet. In drei Jahrhunderten sind von hier aus 15 bis 20 Millionen Westafrikaner Richtung Amerika verschifft worden. Sechs Millionen starben auf dem Weg. Heute ist Goree Weltkulturerbe, ein Symbol der Erinnerung und Versöhnung.

Den Bogen zur modernen Sklaverei des 21. Jahrhunderts spannte der mauretanische Menschenrechtler Biram Dah Abeid. Bis zu 600000 Menschen seien in Mauretanien immer noch versklavt, was 20 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Es gebe einen arabischen Rassismus gegen Schwarze, führte der nigerianische Historiker Michael Onyebuchi aus, der unter dem Deckmantel der Religion propagiert würde. So sei beispielsweise der Darfur-Konflikt keiner zwischen Christen und Muslimen, sondern Ausdruck des arabischen Rassismus.

Der Kongreß war zwei Südafrikanern gewidmet: der politisch engagierten Sängerin Miriam Makeba (1932–2008), die 1963 in einer Rede vor der UNO erstmals Südafrika der Apartheid angeklagt hatte, und Steve Bantu Biko (1946–1977), dem Gründer der »Black Consciousness«-Bewegung. Während der ANC weiße Teilhabe an seinem Kampf für eine befreite Gesellschaft befürwortete, wurde dies von der »Black Consciousness«-Bewegung aus Angst vor Bevormundung abgelehnt. Damit war sie den Black Panthers in den USA näher. Neben Protesten und Streiks wurden Selbsthilfe-Gruppen organisiert, die Schulen und Kliniken bauten. Biko wurde verhaftet und zu Tode gefoltert. In München gibt es eine Ausstellung über ihn. Sein Sohn Nkosinathi Biko war Ehrengast auf dem Kongreß.

Ausstellung: »Biko: The Quest for a True Humanity«, in Kooperation mit der Steve Biko Foundation, bis zum 17.11.2013 in der InitiativGruppe, München