Leserbrief zu: Peter Münch Interview „Meinetwegen Israel-Palästina“ - mit dem israelischen Autor Nir Baram und der palästinensischen Menschenrechtlerin Nivine Sandouka "über Frieden im Nahen Osten nach dem Ende der Zweistaatenlösung“, SZ vom 17.09.2020, Seite 11

 Leserbrief zu: Peter Münch Interview „Meinetwegen Israel-Palästina“ - mit dem israelischen Autor Nir Baram und der palästinensischen Menschenrechtlerin Nivine Sandouka "über Frieden im Nahen Osten nach dem Ende der Zweistaatenlösung“, SZ vom 17.09.2020, Seite 11 


Sehr geehrte Redaktion Leserbriefe, 

Dank an die SZ, für die erhellenden Beiträge des israelischen Philosophen Omri Boehm und Peter Münchs Interview „Meinetwegen Israel-Palästina“. Sie konstatieren das Ende der Zweistaatenlösung und erörtern die Alternative eines gemeinsamen jüdisch-palästinensischen Staates. Im Interview argumentiert der israelische Autor Nir Baram, Israel könnte durch sein multikulturelles Zusammenleben von Juden unterschiedlichster Herkunft ebenso offen sein für Palästinenser. Die palästinensische Menschenrechtlerin Nivine Sandouka bekräftigt, in Jerusalem gäbe es viele Gemeinsamkeiten zwischen frommen Palästinensern und strenggläubigen Juden. Peter Münchs Frage nach einer gemeinsamen Armee verneinen beide. Wobei Sandoukas Begründung, „dass Palästinenser niemals gegen andere arabische Nationen kämpfen können“ irritiert. Gibt es unter arabischen Brüdern nicht reichlich Verrat und Blutvergiessen? Und geniessen Palästinenser nicht in Israel, trotz aller gesetzlichen Diskriminierung, mehr Freiheit und Möglichkeiten als in jedem arabischen Land? Eine gemeinsame israelisch-palästinensische Armee könnte Palästinensern auf ihrem Weg zur Gleichberechtigung helfen - so wie früher den Schwarzen in USA oder Südafrika.  

Hannah Arendt und Edward Said, zwei der prominentesten jüdischen bzw. palästinensischen Intellektuellen des letzten Jahrhunderts, hätten dem Interview zugestimmt. Beide waren Repräsentanten der jüdischen bzw. der palästinensischen Leidensgeschichte und Diaspora. Für Edward Said waren die Palästinenser „die Opfer der Opfer“. Said und Arendt waren als Opfer ethnischer Nationalismen zu Flucht und Exil gezwungen und fanden im kosmopolitischen Melting Pot von New York eine neue Heimat. Ihre Identität und ihr Denken waren fundamental von ihrer Exil Erfahrung geprägt. So konnten sie einem auf Ethnie und Religion basierendem Nationalstaats-Konzept, wie es die Zweistaatenlösung für Israel/Palästina vorsah, nur skeptisch gegenüber stehen. Stattdessen favorisierten sie Gleichheit und Binationalismus in einem gemeinsamen Staat. Für Arendt außerdem eine bessere Möglichkeit, staatenlose Flüchtlinge zu schützen. Ihre Gedanken sind wieder hochaktuell. 

Mit freundlichen Grüßen, 
Sabine Matthes 
Glötzleweg 43 
81477 München 
Tel.: 089-791.8513