Zu: "Alles für die Macht" über die Wahl von Netanjahu, Der Semit die andere jüdische Stimme, 15.04.2019

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Der Semit

„Alles für die Macht“

von Sabine Matthes
Sehr geehrter Herr Kornelius,
Danke für Ihren kritischen Netanjahu Beitrag „Alles für die Macht“. Im letzten Absatz schreiben Sie „Aber Netanjahu ist kein Ben Gurion …. Diesem Premier indes fehlt die Integrität und eine Vision, die das blanke Bedürfnis nach Stärke übersteigt.“ Meinen Sie etwa, dass die ethnische Säuberung unter Ben Gurion „integer“ war? Unter Ben Gurion wurden 750.000 Palästinenser aus Israel vertrieben, enteignet (Absentee Property Law 1951), entrechtet und ausgebürgert, nur 150.000 blieben. Bereits unter Ben Gurion wurden die Weichen gestellt – per Vertreibung und Apartheid-ähnlichen Gesetzen – um ein mehrheitlich arabisches Land in einen mehrheitlich jüdischen Staat zu verwandeln. Von „Integrität“ kann man da ebenso wenig sprechen, wie bei den Gründervätern der südafrikanischen Apartheid, die in vergleichbarer Weise ein mehrheitlich schwarzes Land in einen Staat der Weißen umwandelten. Martin Buber sprach sich damals gegenüber Ben Gurion für eine Rückkehr der pal. Flüchtlinge aus, im Sinne eines humanistischen Kulturzionismus. Buber, Hannah Arendt und andere Kulturzionisten waren auch für einen gemeinsamen jüd.-pal. Staat – aus Angst vor einem jüdischen Sparta, welches die Werte des Judentums verraten würde!
DIESE Haltung spricht für „Integrität“! Wäre Ben Gurion „integer“ gewesen, hätte er die UNO-Resolutionen 181 und 194 umgesetzt – so, wie es die Aufnahme Israels in die UNO im Mai 1949 erwartet hatte! Sie fragen in Ihrem Beitrag: „Wird Netanjahu Regeln beugen und das demokratische System deformieren …?“ Meinen Sie denn Ben Gurions Vertreibung, Enteignung und Ausbürgerung der Mehrheit (!) der arab. Bevölkerung war „demokratisch“? Nein, die Weichen Richtung Apartheid statt Demokratie wurden bereits unter Ben Gurion gestellt, nicht erst unter Netanjahu. „Demokratie“, wie sie zwischen den Einwanderern und Einheimischen im jetzigen Südafrika herrscht, ist nur mit Vertretern des Kulturzionismus zu machen, nicht mit denen des politischen Zionismus, weder linker (Ben Gurion), noch rechter (Netanjahu) Coleur.
Leserbief zum Artikel von Stefan Kornelius „Alles für die Macht“, in: SZ, S. 4.