Sehr geehrte Redaktion Leserbriefe,
Die SZ-Autoren stellen Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, die richtigen Fragen. Ob es bereits „antisemitisch“ sei, gleiche Bürgerrechte für Juden und Araber in Israel zu fordern, und damit eine jüdische Mehrheit in Frage zu stellen. Josef Schuster antwortet, wenn die „Intention“ hinter der Forderung nach dem Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge sei, „Israels Existenz als jüdischen Staat zu zerstören: ja.“ UNO-Resolution 194 (III) und Artikel 13 (2) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte fordern dieses Rückkehrrecht. Unterstellt Herr Schuster also UNO und Menschenrechten, sie wären „antisemitisch“? Warum fragt die SZ nicht präzise nach, was genau „jüdischer Staat“ meint? Die UNO hatte 1947 mit ihrer Teilungsresolution den „jüdischen Staat" selbstverständlich inklusive der dort bereits ansässigen Araber definiert, die damals die Mehrheit ausmachten. Wären sie 1948 nicht vertrieben, enteignet und ausgebürgert worden, würden sie heute noch, natürlich mit ihren Kindern und Kindeskindern, in Israel leben und etwa die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge würde Israels Existenz als „jüdischer Staat“ also nicht zerstören, sondern nur demokratischer machen. Weg von einer Ethnokratie mit „jüdischer Mehrheit“ - hin zu einer echten Demokratie in Übereinstimmung mit Völker- und Menschenrechten und „jüdischen Werten“. Diese Widersprüche wurden und werden im vielstimmigen Chor innerhalb des Judentums viel diskutiert - von Martin Buber, strenggläubigen Juden wie der Neturei Karta, bis zur israelischen Gruppe Zochrot. In Josef Schusters Augen alle „antisemitisch“? Wenn Herr Schuster, völlig zu Recht, „jüdische Traditionen und Werte“ in Deutschland sichtbarer haben möchte, müsste auch er sie in ihrer ganzen Vielfalt vertreten.
Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Matthes
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